Interviev mit Roman Gebhardt ( Ende 2023)

 

Kurz zu meiner Person: Ich bin 61 Jahre alt, seit 33 Jahren verheiratet und habe zwei erwachsene Kinder, arbeite seit 41 Jahren für den Landkreis Darmstadt-Dieburg (immer in den sozialen Bereich) und leite seit Oktober 2009 das Kommunale Jobcenter des Landkreises Darmstadt-Dieburg – die Kreisagentur für Beschäftigung.

 

 

1.                        Erinnern Sie sich daran, wie es war, als vor 10 Jahren viele Geflüchteten neu nach   Griesheim kamen? Wie waren die ersten Tage hier?

 

Gebhadt: Ich erinnere mich noch sehr gut an die Flüchtlingswelle 2015, als die Menschen gerade aus Syrien (aber auch aus anderen Ländern) zu Fuß aufmachten und in Massen zu uns nach Deutschland und damit auch nach Griesheim kamen. Die ersten Tage waren geprägt von einem wahnsinnigen Druck, wie wir die große Zahl an Menschen überhaupt vernünftig unterbringen und wie wir sie mit dem zum Lebensunterhalt wichtigen versorgen und sie betreuen.

 

2.                    Was waren die wichtigsten Erfahrungen in dieser Zeit? An was erinnern Sie sich besonders gerne? Was hätten Sie sich anders gewünscht?

 

Gebhardt: Angela Merkel (damals Bundeskanzlerin) hat damals den Ausspruch geprägt: „Wir schaffen das“. Und tatsächlich haben wir das auch geschafft, insbesondere weil Landkreis und Kommunen sehr gut zusammengearbeitet haben und wir uns auch in den Verwaltungen gegenseitig unterstützt haben. Verwaltungsstäbe (Krisenstäbe) wurden eingerichtet und sorgten für Struktur. Besonders persönlich beeindruckt hat mich der regelmäßige Besuch von Geflüchteten in Turmhallen wie in Weiterstadt oder Noteinrichtungen wie in Pfungstadt, weil einfach ad hoc nicht genügend Gemeinschaftsunterkünfte zur Verfügung standen.

Das sind Bilder, die man nie mehr vergisst! Gerne erinnere ich mich an den großen Zusammenhalt und die Dankbarkeit der Menschen, die deutlich spürbar war.

 

3.        Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit dem AK Asyl und dem Förderverein Asyl Griesheim e.V.?

 Gebhardt: Die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen Kräften in allen 23 Kommunen des Landkreises war und ist bis heute sehr gut – auch in Griesheim! Ohne die vielen ehrenamtlichen Kräfte wären die vielfältigen Herausforderungen nicht zu bewältigen gewesen – da sind sich alle einig. Natürlich hat es hier und da auch mal wie im richtigen Leben in den zwischenmenschlichen Beziehungen geknistert. Aber das ist völlig normal und im Großen und Ganzen haben wir das immer wieder gut eingefangen und gehen bis heute wertschätzend und respektvoll miteinander um.

 

 

              Was erwarten Sie in den nächsten Jahren?

 

Gebhardt: Die nächsten Jahre werden herausfordernd bleiben und nicht einfacher werden. Seit der Syrienkrise 2015 kamen dann die Krise in Afghanistan, die Krise in der Ukraine, das Erdbeben in der Türkei, die Energiekrise und

Aktuell die Krise zwischen Israel und Hamas/Hisbollah. Überall setzen Fluchtbewegungen ein, die auch uns im Landkreis Darmstadt-Dieburg betreffen. Jeden Mittwoch kommen neue Geflüchtete verzweifelt und traumatisiert in Bussen hier in Kranichstein an. Und die politische und wirtschaftliche Lage hat sich in Deutschland dramatisch verschlechtert.

Das alles zusammengenommen sind enorme Herausforderungen für uns alle, die wir nur bewältigen können, wenn wir auch weiterhin zusammenhalten!