Das Land definiert keine Standards

Arbeitskreis Asyl berichtet von Arbeit in Bunsenstraße – Kein Wohnraum für anerkannte Bewerber

(tb) In Darmstadt und Bensheim wurden inzwischen Zeltlager für Asylbewerber eingerichtet. Im Vergleich dazu hat es Griesheim noch gut getroffen. Die Flüchtlingssituation in der Asylbewerberunterkunft in der Bunsenstraße ist gut. Darüber sind die Verantwortlichen des Fördervereins Asyl und der Stadtverwaltung auch sehr froh. Dennoch komme es bei ihrer ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit immer mal wieder zu Irritationen, berichten die Vereinsvorstände Christel Johann-Eggers und Wieland Eschenhagen. Das liege zum großen Teil daran, dass keine Standards für die Flüchtlingsunterbringung vorgegeben seien. Jedem Asylbewerber stehe zwar ein Bett zu, aber wie groß dieses Bett sein müsse, das sei nirgends festgelegt. 

Rund 130 Asylbewerber leben derzeit in der Flüchtlingsunterkunft der Amola GmbH in der Bunsenstraße. Am Donnerstag kamen einige weitere Asylbewerber nach Griesheim, sie wurden am Freitag von ehrenamtlichen Mitarbeiters des Arbeitskreisers Asyl begrüßt (dazu Extra-Artikel auf der Seite 4). Auch sie wohnen nun erst einmal in dem Asylbewerberheim.  

Der Arbeitskreis arbeitet zwar eng mit dem Landkreis und der Amola GmbH zusammen, trotzdem komme es immer wieder mal zu Irritationen, berichten Johann-Eggers und Eschenhagen in einem Gespräch mit dieser Zeitung. Die Einrichtung sei nicht schlecht, insbesondere im Vergleich zu anderen Unterkünften im Kreis. So hätten es die Asylbewerber in den Zimmern in der Bunsenstraße wesentlich besser als in einer Auffangstation in einer Turnhalle oder in kleinen Containern. Trotzdem sei ihre Ausstattung alles andere als luxuriös, stellt Johann-Eggers klar. „Die Zimmer sind nicht 25 Quadratmeter groß, sondern 20 Quadratmeter.“

Die engagierte ehrenamtliche Flüchtlingshelferin hat es geärgert, wie sich einige Griesheimer nach einem Bericht dieser Zeitung über die Flüchtlingsunterbringung in der Bunsenstraße geäußert hätten. „So möchte ich auch mal wohnen“, hätte sie da zum Beispiel hören müssen. „Diese Person weiß wohl nicht, dass hier viele Möbel vom Sperrmüll sind“, sagt Johann-Eggers. Was den engagierten Helfern bei der Kooperation mit dem Landkreis und der Amola GmbH sauer aufstößt, sind die „fehlenden Standards“, erklärt Johann-Eggers. Während das Land Hessen zwar vorgebe, dass jeder Asylsuchende in einer hessischen Unterkunft Zugriff auf ein Bett, einen Schrank und einen Stuhl an einem Tisch haben müsse, fehle es an genau definierten Standards dafür, die der Vermieter der Gebäude dann sicherstellen müsse.

Der Vermieter in der Bunsenstraße ist die Amola GmbH, deren Alleininhaber ist der Griesheimer Unternehmer Edmund Krix (wir haben berichtet). „Wir haben keinen Einblick in den Vertrag, den Edmund Krix mit dem Landkreis für die Vermietung abgeschlossen hat, und wissen daher auch nicht, welche Leistungen der Vermieter alle erbringen muss“, erklärt Johann-Eggers. Dadurch sei es beispielsweise schwer, in Einzelfällen herauszufinden, wofür der Vermieter zuständig ist und wofür wiederum nicht. Das erschwere die Zusammenarbeit in Einzelfällen schon.

Als Beispiel nennt Johann-Eggers die Betten, die die Amola GmbH für die Zimmer in der Bunsenstraße angeschafft hat. Die seien 80 Zentimeter breit und 190 Zentimeter lang. „Die größeren Flüchtlinge können sich darin nicht richtig ausstrecken und schlafen. Viele haben ihre Matratzen auf den Boden gelegt“, beschreibt Eschenhagen die Folgen der fehlenden Standards für ein Flüchtlingsbett. Für ihn ist klar, warum das Land keine Standards definiert. Dann müsste sich das Land am Ende noch an den Kosten beteiligen. Solche finanziellen Forderungen wolle die Landesregierung so unterlaufen, sind sich die Vereinsvorstände sicher. Der Amola GmbH machen Johann-Eggers und Eschenhagen dabei keine Vorwürfe. Der Zustand in den Einrichtungen sei gut. Toiletten gebe es mehr als genug, und die Küchen seien zu keinem Zeitpunkt voll ausgelastet. 

Darüber sind die Verantwortlichen des Fördervereins und des Arbeitskreises Asyl, aber auch die Verantwortlichen der Stadtverwaltung sehr froh. Erster Stadtrat Rüdiger Mey, der aktuell stellvertretend die Amtsgeschäfte für die im Urlaub weilende Bürgermeisterin Gabriele Winter führt, zeigt sich erleichtert: „Die Einrichtung ist keinesfalls schlecht und wesentlich besser als eine umfunktionierte Turn- oder Messehalle. Als Stadt können wir froh darüber sein, dass die Amola GmbH die Bunsenstraße als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung stellt.“ 

Doch wie lange reichen die Unterkünfte in dem ehemaligen Teleplan-Gebäude noch? Johann Eggers und Eschenhagen richten den Blick schon auf das nächste Jahr. Denn auch dann kämen wieder zahlreiche Asylsuchende, für die noch keine Unterkunft stehe. Und die Plätze in den Asylbewerberheimen würden so schnell nicht frei werden. „Wenn ein Asylantrag positiv bewertet wird,  kann man den anerkannten Flüchtling ja nicht einfach auf den freien Wohnungsmarkt werfen“, sagt Bärbel Schmidt, Mitarbeiterin des städtischen Wohnungsamtes. „Die wenigsten Flüchtlinge finden auf dem freien Markt eine Wohnung.“ Auch anerkannte Flüchtlinge müssten in der Regel weiter in ihren Flüchtlingsunterkünften bleiben. Selbst für anerkannte Asylbewerber würden nirgendwo im Land Sozialwohnungen gebaut. „Das wird ein sehr großes Problem“, befürchtet Eschenhagen.